Anfang in Koblenz, gewachsen im Land

Gründung in Koblenz

Unser Landesverband ist ein echter `68er, aber ob es die Studentenbewegung und Proteste waren, die zu seiner Gründung führten, ist nicht verbürgt. Jedenfalls trafen sich die ersten Mitglieder des Vereins am 16. November 1968 zur Gründungsversammlung in Koblenz und verabschiedeten die Satzung. Die offizielle Anmeldung als „Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Rheinland-Pfalz“ erfolgte am 10. Dezember beim Amtsgericht Koblenz. Auch die erste Mitgliederversammlung des jungen Landesverbandes fand in der Stadt an Rhein und Mosel statt: Sie wählte 1969 Gerd Menzel aus Koblenz zum ersten Landesvorsitzenden.

Ob sich die Gründer hätten träumen lassen, dass in „ihrem“ Verband 50 Jahre später mehr als 1500 Frauen und Männer ehrenamtlich aktiv sind und allein im 49. Jahr 170.000 Stunden in den Kinderschutz investieren – das sind 90 Arbeitsjahre ohne Urlaub? Und dass über 160 Menschen als Angestellte arbeiten, um die Ziele des DKSB zu erreichen? Und das in 23 Orts- und Kreisverbänden. So optimistisch werden sie nicht gewesen sein, damals in Koblenz.

 

Stark in allen Regionen

Aber schon die Anfangszeit verlief viel versprechend: Als hätte es nur dieses Grundsteins bedurft, entstanden in den Folgejahren eine ganze Reihe von Orts- und Kreisverbänden – zum Beispiel: Donnersbergkreis (1972), Betzdorf (1973), Höhr-Grenzhausen, Koblenz und Ludwigshafen (1977). Nach acht Jahren tritt eine Frau an die Spitze des Landesverbandes: Dr. Ulrike Philipp aus Mainz; zwei Jahre später übernimmt die Kinderbuchautorin Sonja Matthes aus Pirmasens das Amt. Sie zieht allerdings ein Jahr später in ein anderes Bundesland und übergibt – zunächst kommissarisch – an Dr. Bernd Rückwardt; auf ihn folgt 1983 Gerd Klug aus Höhr-Grenzhausen.

Bis dahin ist der Deutsche Kinderschutzbund in Rheinland-Pfalz auch politisch gewichtig eine ernstzunehmende Instanz geworden. Die Themen, die zu bearbeiten waren, haben ihre Aktualität kaum verloren: Mal wurden alle Kindergärten zum Kindergartengesetz befragt, dann entstand ein Ausschuss „Zusammenarbeit mit ausländischen Mitbürgern“, kurz später setzte der Landesverband Arbeitskreise ein zu Themen wie „Pflege und Adoptiveltern“, „Kindergartengesetz“, oder „Deutsche und Ausländer“. Sein zunehmendes politisches Gewicht bringt der Landesverband auch 1988 in den Landtag ein bei der Anhörung zum Thema „Gewalt gegen Kinder“.

 

Der Anfang der Kinderschutzdienste

1989 ist für den Landesverband ein besonderes Jahr – nicht nur, weil die UN-Generalversammlung die Kinderrechtskonvention verabschiedet. Nachdem Ilse Gärtner aus Landau den Vorsitz übernommen hatte, siedelt auch der Verband um in die Pfalz: Für die Landesgeschäftsstelle werden Räume gemietet, eine Geschäftsführerin wird eingestellt. Seitdem beantragt der Landesverband zentral Projektmittel für die Schulung ehrenamtlicher MitarbeiterInnen. In dem Jahr beteiligt sich der Kinderschutzbund auch an der Vorbereitung von Kinderschutzdiensten in Rheinland-Pfalz, die schon ein Jahr später bei einigen Kreisverbänden eingerichtet werden.

Als der Landesvorstand 1991 für alle Ortsverbände die Anerkennung als Träger der sozialpädagogischen Familienhilfe beantragt, ist der Verband bereits stark gewachsen, vor allem im Süden des Landes, und befasst sich mit einem neuen wichtigen Thema: den Kinderschutzdiensten, etwa in einer RLP-Fachtagung 1992. Der Kinderschutzbund entwickelt sich dynamisch: Es wird eine Bildungsreferentin eingestellt, der Verband erhält einen Sitz in der Versammlung der Landeszentrale für private Rundfunkveranstalter (LPR) in Ludwigshafen und im Jugendhilfeausschuss des Landes. Erstmals gibt es eine institutionelle Förderung durch die Landesregierung. Im Jahr 1993, als Elisabeth Rickal den Vorsitz übernimmt, beträgt die Förderung 100.000 D-Mark, weitere 25.000 D-Mark fließen in Schulungsmaßnahmen.

 

Der erste Kinderschutzpreis

Der Landesverband bindet die Orts- und Kreisverbände enger ein und beteiligt sie; etwa in der ersten Tagung der Vorsitzenden oder (1995) in der Konferenz der hauptamtlichen MitarbeiterInnen. Ebenfalls 1995 folgt der Landtag einem Vorschlag des Kinderschutzbundes und richtet die Enquete-Kommission „Kinder in Rheinland-Pfalz“ ein.

In den Folgejahren wird der Kinderschutzpreis für Rheinland-Pfalz aus der Taufe gehoben, das Kinder- und Jugendtelefon wird dank einer Initiative von Elisabeth Rickal bundesweit gebührenfrei. Ihr Wirken für die Kinder des Landes wird besonders belohnt durch die Verleihung der Verdienstmedaille des Landes. 2002 kandidiert die engagierte Vorsitzende nicht mehr.

 

Standards gesetzt

Zum 50. Geburtstag des Bundesverbandes 2003 ist auch der Themenkalender in Rheinland-Pfalz gut bestückt: In einer Resolution fordert der Verband die Ministerin Doris Ahnen auf, die Richtlinien zur Sexualerziehung zu überarbeiten – sie „entsprechen nicht mehr den gesellschaftlichen Entwicklungen“. Einige Themen, die in den Vordergrund rücken, sind uns bis heute treu geblieben: Kinderarmut und die Forderung, die Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen. Damals schon ein Klassiker: „Starke Eltern – starke Kinder ®“.

Einiges, was damals entwickelt und eingeführt wurde, ist Standard geworden: Die Auszeichnung „Blauer Elefant“ zum Beispiel (Landau, Mainz und Kaiserslautern) oder Regeln im Umgang mit Beschwerden oder die Wahlprüfsteine. 2007 nimmt der Landesverband im Landtag nicht nur Stellung zu Themen wie Kinderarmut, Nichtraucherschutzgesetz und Kinderschutzgesetz, sondern überarbeitet seine Außendarstellung gedruckt und online – und bekommt gleich zum Jahresbeginn eine neue Geschäftsführerin: Dr. Iris Geissler-Eulenbach. Ein Jahr danach, der Verband feiert seinen 40. Geburtstag, übernimmt Christian Zainhofer den Vorsitz. Es folgt eine Diskussion mit den Orts- und Kreisvorsitzenden über die Struktur des Verbandes und bessere inhaltliche Zusammenarbeit. Folgerichtig wird die „Konferenz der Orts- und Kreisvorsitzenden“ zur „Jahreskonferenz des Deutschen Kinderschutzbundes in Rheinland-Pfalz“ und beginnt mit der Erarbeitung eines „Anforderungsprofils für ehrenamtliche Vorstände“. Neben weiteren fachlichen Initiativen – etwa zum Thema Begleiteter Umgang – kümmert sich der Landesvorstand auch um eine erforderliche Neuausrichtung der internen Arbeit. Die Geschäftsstellenräume in Landau werden geschlossen; die Mitarbeiterinnen arbeiten bis 2019 im Homeoffice.

2010 wird Christian Zainhofer zum ersten Mal wiedergewählt, der Landesverband wird Gründungsmitglied der Landesarmutskonferenz und arbeitet an einer „Charta gegen Kinderarmut“ mit. In den Folgejahren prägen die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen, die zunehmende Digitalisierung und verbandsintern die Erstellung von Schutzkonzepten und die Konsolidierung der Verbandsfinanzen die Arbeit besonders.

 

Erster „Platz der Kinderrechte“

In seinem 50. Jahr präsentiert sich der Landesverband Rheinland-Pfalz des Deutschen Kinderschutzbundes als gut entwickelte Gemeinschaft selbstständiger Orts- und Kreisverbände, die auf gemeinsame Ziele hinarbeiten. Ein sichtbares Zeichen ist der erste „Platz der Kinderrechte“ bundesweit. Der Verband ist eng in die nationale Arbeit eingebunden, gleichzeitig aber auch darauf konzentriert, die Entwicklung seiner Orts- und Kreisverbände zu unterstützen.

Auch wenn der Blick zum Jubiläum naturgemäß in die Vergangenheit gerichtet wird, nimmt der Verband die Zukunft ins Visier – und verdeutlicht dies mit seinem Schwerpunktthema Digitalisierung. Dies soll in den kommenden Jahren eine ähnliche Entwicklung nehmen wie Themen, die in vergangenen 50 Jahren frühzeitig erkannt, aufgegriffen und praxisnah umgesetzt wurden zum Wohl der Kinder und Jugendlichen in Rheinland-Pfalz.

 

Joachim Türk, aus dem Jahresbericht des DKSB LV für 2017